Einleitung
Der „Virus der Borna’schen Krankheit“ (auch bekannt als Borna Disease Virus, kurz BoDV-1) ist ein bislang wenig bekanntes, aber potenziell tödliches Virus, das vor allem in bestimmten Regionen Deutschlands für Aufsehen sorgt. Trotz seiner jahrzehntelangen Bekanntheit wurde es erst in den letzten Jahren als relevante Gefahr für den Menschen identifiziert. Die Erkrankung verursacht eine schwere Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und endet häufig tödlich. In Anbetracht mehrerer neu gemeldeter Fälle in Bayern und des weltweit zunehmenden Bewusstseins für Zoonosen (von Tieren übertragbare Krankheiten), ist es wichtiger denn je, fundierte Informationen über dieses Virus zu verbreiten.
Der Erreger im Fokus
Das Virus der Borna’schen Krankheit gehört zur Familie der Bornaviridae und existiert in zwei Hauptvarianten: BoDV-1 und BoDV-2. Während BoDV-1 hauptsächlich in Deutschland, insbesondere in Bayern, vorkommt und Menschen infizieren kann, ist BoDV-2 primär bei Flughunden in Afrika nachgewiesen worden. Das Virus besitzt ein RNA-Genom und ist neurotrop, was bedeutet, dass es gezielt Nervenzellen befällt. Es persistiert lebenslang im Wirt und kann ohne Symptome vorhanden sein, bis es plötzlich zu einer fulminanten Enzephalitis kommt. Besonders wichtig ist der natürliche Reservoirwirt: die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon). Sie trägt das Virus ohne selbst zu erkranken und scheidet es über Körperflüssigkeiten aus, wodurch es in die Umwelt gelangt.
Verbreitung & Risikogebiete
Die Borna’sche Krankheit ist endemisch in Teilen Mitteleuropas, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Deutschland sind vor allem die Bundesländer Bayern, Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg betroffen. Die Risikogebiete zeichnen sich durch eine höhere Populationsdichte von Feldspitzmäusen aus, deren Lebensraum sich durch Klimawandel und menschliche Eingriffe verändert. In den letzten Jahren haben Studien gezeigt, dass die Zahl der Infektionen mit BoDV-1 beim Menschen leicht gestiegen ist, wenn auch auf niedrigem Niveau. Dennoch ist die Erkrankung aufgrund ihrer Schwere und tödlichen Verlaufs besonders besorgniserregend.
Übertragungswege – Wie erfolgt die Ansteckung?
Die Ansteckung mit dem Virus der Borna’schen Krankheit erfolgt vermutlich durch direkten oder indirekten Kontakt mit infiziertem Spitzmauskot, -urin oder -speichel. Auch kontaminierte Erde, Wasser oder Pflanzenmaterial könnten eine Rolle spielen. Besonders Menschen, die in engem Kontakt mit der Natur stehen – wie Gärtner, Landwirte oder Haustierbesitzer – tragen ein erhöhtes Risiko. In seltenen Fällen wurden Übertragungen im Rahmen von Organtransplantationen dokumentiert. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gilt bislang als unwahrscheinlich, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt.
Symptome der Borna’schen Krankheit
Die Erkrankung beginnt meist mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen oder Muskelschmerzen, was eine frühzeitige Diagnose erschwert. Innerhalb weniger Tage bis Wochen verschlechtert sich der Zustand der Patienten drastisch. Es kommt zu neurologischen Ausfällen, Sprachstörungen, Wesensveränderungen und Bewusstseinsstörungen. In der Endphase kann die Infektion zu schweren Krampfanfällen, Koma und schließlich zum Tod führen. Die Sterblichkeitsrate liegt nach aktuellen Studien bei etwa 90 Prozent, was die Krankheit zu einer der tödlichsten bekannten Zoonosen macht.
Diagnose und Meldepflicht
Die Diagnostik des Virus der Borna’schen Krankheit erfordert spezialisierte Labore, da es sich um ein sehr seltenes und schwer nachweisbares Virus handelt. Mittels PCR-Tests kann die virale RNA in Liquor oder Hirngewebe nachgewiesen werden. Ergänzend kommen Antikörpertests zum Einsatz. Seit 2020 ist das Virus in Deutschland meldepflichtig, was bedeutet, dass Verdachts-, Krankheits- und Todesfälle dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist entscheidend, auch wenn eine gezielte antivirale Therapie bislang fehlt.
Behandlungsmöglichkeiten
Bislang gibt es keine zugelassene, spezifische Therapie gegen das Borna-Virus. Die Behandlung erfolgt symptomatisch, das heißt, die Beschwerden werden gelindert, nicht aber die Ursache bekämpft. In Einzelfällen wurden antivirale Medikamente wie Favipiravir eingesetzt, jedoch ohne gesicherte Wirksamkeit. Kortikosteroide zur Hemmung der Entzündung zeigen ebenfalls keinen einheitlichen Erfolg. Die Forschung konzentriert sich derzeit auf neue antivirale Wirkstoffe sowie Immuntherapien, aber klinische Studien stehen noch aus.
Prävention & Schutzmaßnahmen
Da eine Therapie fehlt, ist die Prävention der effektivste Schutz. In Risikogebieten sollte der direkte Kontakt mit Spitzmäusen und deren Ausscheidungen vermieden werden. Beim Umgang mit Erde, Kompost oder Heu ist das Tragen von Handschuhen und gegebenenfalls einer Maske ratsam. Haustiere, insbesondere Freigänger-Katzen, könnten ebenfalls eine Rolle als Zwischenwirt spielen, weshalb deren Zugang zu potenziell kontaminierten Bereichen eingeschränkt werden sollte. Eine gute Händehygiene und das Vermeiden von Verunreinigungen beim Anbau von Gemüse sind zusätzliche Schutzfaktoren.
Forschung & Entwicklungen 2025
Im Jahr 2025 haben mehrere Forschungsinitiativen das Borna-Virus verstärkt in den Fokus genommen. Besonders das bayerische Projekt „Zoonotic Bornavirus Focalpoint Bavaria“ sammelt Daten über Infektionswege, Genomvariationen und Immunantworten. Ziel ist es, präzise Früherkennungstests zu entwickeln und langfristig einen Impfstoff oder eine gezielte Therapie zu ermöglichen. Auch internationale Kooperationen mit Fokus auf One-Health-Ansätzen, die den Zusammenhang zwischen menschlicher, tierischer und ökologischer Gesundheit betonen, spielen eine zunehmend wichtige Rolle.
Fazit
Das Virus der Borna’schen Krankheit ist eine der gefährlichsten, wenn auch seltenen Zoonosen in Deutschland. Seine Übertragungswege sind noch nicht vollständig erforscht, und eine spezifische Therapie fehlt bislang. Besonders in Bayern treten immer wieder tödliche Fälle auf, weshalb Aufklärung, Früherkennung und Forschung entscheidend sind. Der Schutz beginnt beim richtigen Verhalten im Alltag, insbesondere in ländlichen Gebieten. Die wissenschaftliche Gemeinschaft arbeitet intensiv daran, dieses stille Risiko besser zu verstehen und zukünftig wirksam zu bekämpfen. Jeder Beitrag zur Sensibilisierung kann helfen, Leben zu retten.